In der Stadt Weinheim stand im Jahre 2012 ein Bürgerentscheid zur Ausweisung von Gewerbegebieten an. Der Gemeinderat der Stadt Weinheim hatte die Forschungsstelle beauftragt, ein Bürgerbeteiligungsverfahren zur Vorbereitung des Bürgerentscheides durchzuführen.
Um die Frage zur zukünftigen Nutzung der Gewerbeflächen „Breitwiesen“ und „Hammelsbrunnen“ im Sinne einer größtmöglichen Transparenz und Akzeptanz der Bürger zu beantworten, beschritt die Stadt Weinheim neue Wege.
Gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 21. März 2012 wurde die Bergische Universität Wuppertal als unabhängiger Durchführungsträger beauftragt, alle Beteiligten im Rahmen eines Dialogforums an einen Tisch zu bringen.
Dialogforum
Das erste Dialogforum fand am Dienstag, 22. Mai 2012, statt. Das Dialogforum verfolgte den Zweck, alle beteiligten Interessengruppen an einen Tisch zu bringen, Interessen zu artikulieren und für eine möglichst große Transparenz der Sachargumente zu sorgen. Die Ergebnisse des Dialogforums dienten weitergehend als Informationsgrundlage für die inhaltliche Vorbereitung der Bürgerräte (Auswahl von Experten und Themen).
Im Nachgang zu dem Dialog erarbeiteten zwei sogenannte Bürgerräte, bestehend aus zwei mal 15 zufällig ausgewählten Weinheimer Bürgerinnen und Bürgern, Empfehlungen für den Gemeinderat und einen Bürgerentscheid, um möglichst gemeinwohlorientierte Lösungen zu entwickeln: „Die Zufallsauswahl ermöglicht eine sachorientierte und unbeeinflusste Meinungsbildung“, so Prof. Hans J. Lietzmann, Leiter der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung an der Uni Wuppertal.
Bürgerräte
Die Bürgerräte erhielten für ihre Diskussion breitgefächerte Informationen von Expertinnen und Experten aus allen betroffenen Bereichen. Die breite Information ermöglichte dabei eine unbefangene Sicht und von der Stadtpolitik unabhängige und sachorientierte Meinungsbildung.
Die Bürgerräte tagten von Freitag, 22. Juni, bis Sonntag, 24. Juni, und setzten sich an diesem Wochenende mit der Frage auseinander, ob künftig im Gewann „Breitwiesen“ oder im „Hammelsbrunnen“ Potentialflächen für eine Gewerbeflächenentwicklung vorgehalten werden sollen.
Andere Städte, so Lietzmann, stehen nach einem Bürgerentscheid vor der Frage, wie sie mit den aufgeworfenen Fragen umgehen sollen. „Die Stadt Weinheim versucht jetzt, bereits im Vorfeld möglichst alle Interessen ausgewogen einzubinden.“, so der Leiter der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung.
Gemeinderat und Bürgerentscheid
Die erarbeiteten Empfehlungen der Bürgerräte wurden abschließend an Dialogforum und Gemeinderat übermittelt und dienten als Grundlage für die Meinungsbildung in einem abschließenden Bürgerentscheid. „Dass sich eine Stadt entschließt, die Abstimmungsdebatte durch Bürgerbeteiligung zu versachlichen, stellt eine neue Qualität der Demokratie dar“, so Prof. Lietzmann.